Hmm, Nairobi Notes und dann erstmal einen Artikel über Tansania? Ja, ja … schon gut! Aber ein paar frische Eindrücke von dem Kurztrip nach Tansania – vielleicht das bessere Kenia – wollen festgehalten werden.
Die Idee war Silvester und Neujahr am Fuß des Kilimanjaro zu verbringen. Zum einen, weil der Name alleine schon faszinierend ist. Zum anderen, weil sich schon der andere olle Lebemann namens Hemingway sich da rumgetrieben hat. Und auch – Psst! Nicht petzen! – weil mein bereits verlängertes Visum am 4. Januar 2020 ausgelaufen wäre. Der Sprung hinter die Grenze qualifiziert damit für neue 90 Tage bei der Einreise. Hintergrund: meine „Permanent Residency“ hängt immer noch in der Luft. Vielleicht in einem anderen Post mal mehr dazu …
Kenia und Tansania pflegen nicht immer das beste Verhältnis zueinander. Den Kenianern gelten die südlichen Nachbar als „lazy“. Für die Tansanier sind die Kenianer „savages“. So heisst es zumindest. Sagen wir mal so: in der Tat ticken die Uhren in Tansania gefühlt etwas gemütlicher und die Menschen pflegen einen relaxteren und freundlicheren Umgang miteinander. Zu den kenianischen Unsitten (vorallem im Strassenverkehr) gibt’s auch gerne nochmal separat Post-Nachschlag.
Die Reise von Nairobi nach Arusha ist keine wirkliche Herausforderung und kann bequem mit jedem PKW absolviert werden. Oder – zumindest habe ich mir das geschworen – beim nächsten Mal mit dem Motorrad. Über den Mombasa Highway geht’s bis Athi River. Dort einmal rechts abbiegen auf die A104 zur Grenze nach Namanga. Von dort weiter nach Arusha. In unserem Fall noch ein paar Kilometer hinten dran Richtung Moshi. Unser Hotel „Kilimanjaro Eco Lodge“ liegt einigermassen in der Mitte am Fuß des Mount Meru.
Lernt das vereinte Europa wieder schätzen!
Allen Nationalisten in Europa sein ein Road-Trip durch Afrika empfohlen. Der Grenzübertritt grundsätzlich ist nicht sehr schwierig. Kenianer reisen Visum-frei, ich als Mitteleuropäer bekomme eines Online vorab für ein paar Dollar ausgestellt. Aber das Prozedere an der Grenze ist für uns ein Film aus längst vergangenen Zeiten. Und ehrlich: nie ist mir das so bewusst geworden wie in der guten Stunde, die wir mit der Grenzabfertigung verbracht haben.
Als erstes:
- Auto parken
- Kofferraum auf
- Gepäck raus und zu Fuß damit zum Grenzer-Gebäude.
Dort wird das Gepäck wie am Flughafen durch den Fliessband-Scanner geschickt. Während dessen ist man selbst mit Auskünften zur Gelbfieber Impfung Auskunft beschäftigt (aktueller und vollgestempelter Impfausweis sehr empfohlen). Dann Auschecken in Kenia:
- Passkontrolle inkl. Abgleich des Konterfeis via Kamera mit dem biometrischen Ausweisbild.
- Einmal alle 10 Fingerabrücke abliefern
- Dann weiter zum Check-In in Tansania.
Erfreulicherweise innerhalb des gleichen Gebäude, das als „One-Stop-Border-Control“ einen echten Fortschritt zu einigen Jahre zuvor (so wurde mir berichtet) darstellt. In Tansania das gleiche Spiel:
- Visum und Einreiseformular vorzeigen
- Passabgleich mit Kamera und wieder 10er Scan der Fingerabrücke.
Der Datenschützer in mir bekommt langsam Schnappatmung.
Da wir mit dem eigenen Auto unterwegs sind ist das Log-Book – vergleichbar unserem Fahrzeugbrief – unseres Peugeot 207 im Gepäck. Auch unsere Löwenbaby wird „eingereist“, sprich temporär importiert, was bedeutet dass das Logbook einkassiert unter Verwaltung der kenianischen Grenzbehörde gestellt wird. Schliesslich könnten wir das Auto ja in Tansania sonst verkaufen. Dazu kommt noch eine Kfz-Versicherung, da unsere kenianische Versicherung das benachbarte Ausland nicht abdeckt.
Der Hacker in mir wird wach
Der entsprechende Beamte ist locker drauf und sehr freundlich (wie übrigens alle Grenzer!). So kann ich mir die Frage erlauben, ob er nebenbei einen schwunghaften Gebrauchtwagen Handel betreibt. Immerhin ist das Logbook, ebenso wie unser Fahrzeugbrief, schliesslich ein Eigentumsnachweis. Es wäre ein Leichtes, wenn mal hier und da ein Logbook unauffindbar wäre. Dafür umgekehrt ein geklautes Auto gleicher Baureihe auf einmal neue Papiere hätte. Immerhin bekommen wir ausnahmsweise das Logbook wieder ausgehändigt. Keine Ahnung ob aufgrund der guten Stimmung oder ob meines ehrlichen Gesichts. Immerhin dürfte uns das beim Wiedereintritt in die kenianische Atmosphäre schon mal eine Lauferei ersparen.
Apropos erspart und Lauferei: einiges davon übernimmt unserer „Customs Agent“. Lizenzierte Helferlein, die einen unmittelbar vor der Grenze „auflauern“ und ihre Dienst anbieten. Ob die wirklich verpflichtend sind, habe ich bis heute nicht in Erfahrung bringen können. Und: Keine Ahnung, wie lange die Chose ansonsten ohne ihn gedauert hätte. Wohl gemerkt: zu diesem Zeitpunkt ist nicht sehr viel zu tun und erst nach uns trudeln 3 Busse ein!
Zusätzlich wird uns dringlich ans Herz gelegt in Verbandskasten, Warndreieck und Feuerlöscher zu investieren. Alles Dinge, die in Kenia sicher auch hilfreich, aber eben nicht vorgeschrieben sind. Entsprechend selten findest sich das auch in den Fahrzeugen die gemeinhin zu kaufen sind. Tansania hat in der Tat die sehr viel strengeren Strassenverkehrsregeln. Diese werden aber auch sehr viel klarer in der Ausschilderung angezeigt. Und auch recht konsequent verfolgt. Na, ja fast. Dazu später mehr.
Lauferei, Zeitverlust und Kosten
Wie schon erwähnt: neben all dem Papierkram und der dazu notwendigen Zeit von gut einer Stunde addierten sich am Ende noch
- 3500 KES (ca. 32 €) für die Kfz-Versicherung,
- 2000 KES (ca. 18 €) für unser Helferlein von Kenia nach Tansania
- 1000 KES (ca. 9 €) für das Helferlein auf der Rückreise von Tansania nach Kenia
- 2800 KES (weitere ca. 25 €) für die Aufrüstung unseres Sicherheitsequipments.
Alles in allem also rund 84 € + je ca. $ 50 für das tansanische und das kenianische Visum.
Ist nun Tansania vielleicht das bessere Kenia?
Kann sein, dass es der (Kurz-)Urlaubsstimmung geschuldet ist, aber irgendwie erschien mir Tansania europäischer als Kenia. Ok, mindestens südeuropäischer. Die Landschaft hinter der Grenze in Namanga ist eine Mischung aus Allgäu und Südtirol. Aber alles ordentlich wie in der Schweiz. Ja, auch in Tansania gibt es Armut. Ja, es gibt auch dreckige Ecken. Aber alles in allem wird man den Eindruck nicht los, als würde hier einmal die Woche feucht durchgefeudelt. Mag sein, dass auch die Abhängigkeit vom Tourismus ein Grund dafür ist. Etwa ein Viertel des Bruttosozialprodukts Tansanias steuert der Tourismus bei. Kilimanjaro, Serengeti, Ngorongoro – alles weltbekannte Namen nicht erst seit Prof. Grzimek. Und alle in Tansania gelegen. Dazu noch Sansibars Strände und schon wird das Bild in Sachen Tourismus rund.
Dazu die schon erwähnte Entspanntheit. Vorallem im direkten Vergleich mit Nairobi. Ok – Großstadt Nairobi mit der ländlichen Region vor Arusha und dem nur ein Zehntel so großen Arusha selbst zu vergleichen ist sicher unfair. Vielleicht liegt ein Teil auch in der wirtschaftlich etwas schwächeren Situation von Tansania begründet. Es gibt demgemäß etwas weniger Autos auf den Straßen.
Ein weiterer sehr viel wichtigere Aspekt aber ist der respektvollere Umgang miteinander. Die Unmöglichkeiten des Nairobi Traffics erlaubt sich schlicht und ergreifend niemand. Wo bei Stau in Nairobi aus einer Fahrspur gleich derer vier werden, bleibt Arusha gelassen und freundlich. Spätfolgen des „afrikanischen Sozialismus“ der bis in die 80er Jahre in Tansania herrschte? Ein bisschen Ostalgie schwingt sich ein.
Ganz sicher aber auch wegen der sehr viel häufigeren Polizeikontrollen entlang unserer Route. Die Verkehrsregeln entsprechen den unseren, die Ausschilderung ist klar und unmissverständlich mit internationalen Verkehrszeichen. Die meisten Kontrollen (etwa 2 bis 3 pro Tag) beschränken sich auf die Durchsicht der Papiere und enden meist mit einem freundlichen „Gute Weiterreise“.
Die Ausnahme der Regel
Nur in einem Fall drängt sich der Eindruck auf: Aussieben nach Nummernschild, dann einen Verstoß finden. Der junge Polizist ist freundlich aber sehr nachdrücklich in seinem Vorwurf ich hätte einen Zebrastreifen missachtet und nicht auf Null abgebremst. Da er mich als „professional driver“ bezeichnet, wüsste ich gerne woran er das „professional“ denn festmacht. Mein Führerschein als solcher macht für ihn die Profession. Ich kann ihm klarmachen, dass mein Verständnis von „professional“ auf mehr als 1 Mio. gefahrener km beruht. Ein unvorstellbare Zahl für ihn. Die meisten Kenianer (und wohl auch Tansanier) kommen im Durchschnitt auf 8000 km p.a. Fahrleistung.
Hilfsweise werden dann die Badelatschen in denen ich fahre bekrittelt. Schuhe oder barfuss! Alles andere ist unsicher! Auch dazu tue ich ihm höflich meine „professionelle“ Meinung kund, aber sein Urteil steht fest: 30.000 TZS (ca. 15 €) will er sehen. Da wir (vorgeblich) kein Bargeld dabei haben, bieten wir Kreditkartenzahlung an. Was (erwartungsgemäss) nicht funktioniert. Die Frage nach M-PESA – dem mobilen Zahlungssystem (auch dazu ein andermal mehr)- beantworten wir wahrheitsgemäss mit „nur die kenianische Variante“. Das es selbst für Bargeldauszahlungen ein Roaming-Abkommen zwischen den nationalen Providern gibt scheint er zu unserem Glück nicht zu wissen. So lässt er uns dann nach Schuhwechsel und ein paar Höflichkeiten unverrichteter Dinge und unkassiert wieder ziehen. Ich fürchte ein paar andere kenianische Nummernschilder haben heute für mich mitbezahlen dürfen.
Trotzdem: unser Entschluß steht fest! Wir kommen wieder. Vielleicht sogar für eine sehr viel längere Zeit. Die Freundlichkeit und Gelassenheit des Landes lassen Tansania als eine gute Basis für einen entspannten Lebensabend erscheinen.
Spannend, danke!