Was für ein spannender Abend war das gestern! Anläßlich der Eröffnungsrede von Steve Jobs zur WWDC durften wir Mac-User uns mal wieder wie Kinder zu Weihnachten fühlen. Mit Spannung und Vorfreude die Bescherung erwartend. Der Gabentisch war wieder reichlich gedeckt. Schauen wir uns die Dinge an, die für uns als „Büromenchen“ interessant sind:
Die neue Hardware selbstverständlich. Sowohl der bereits erhältliche Mac Pro, als auch die im Oktober kommenden XServes geben hervorragende Arbeitsgruppenserver ab. Die neuen Intel-Prozessoren liefern Leistung satt und die Ausbaufähigkeit ab Werk auf 2 TB (durch 4 x 500 GB-SATA-Platten) Speicherplatz liefern genügend Raum für Ideen, Projekte und Abrechnungen. Und das alles zu sehr erträglichen Preisen. Eine abgespeckte Einstiegsversion kann schon heute im Apple Store auf rund 2.150 EUR runtergerechnet werden; es steht zu erwarten, dass die Straßenpreise bei den großen Händlern sicher in Kürze die magische Lockmittel-Grenze von 2.000 EUR nach unten durchschlagen werden. Als Arbeitsplatzrechner dürften die Mac Pros auch allerhöchsten Ansprüchen gerecht werden. Ganz nebenbei wurden auch noch die Preise für die Cinema Displays gesenkt, so daß ein sehr hochwertiger Arbeitsplatz mit 30″ Display für vergleichsweise erschwingliche 6.000 EUR gut machbar ist. Dafür gab’s vor 10 Jahren gerade mal einen 9500er mit 17″ Monitor!
Wirklich nutzbar als Server werden die Geräte jedoch erst mit der Vorstellung von OS X Server als Universal Binary. Auch die dürfte zusammen mit der XServe-Auslieferung im Oktober zu erwarten sein. Zu diesem Zeitpunkt wird immer noch Tiger aktuell sein. Selbst die Releasenummer 10.4.7 dürfte sich bis dahin nicht mehr großartig ändern. Tiger als 5. Version von OS X ist ausentwickelt, lediglich ein paar kleinere Fixes und Securitypatches dürfte die Versionsnummer bestenfalls noch langsam zum hochzählen bringen. Nicht zuletzt seit gestern abend wissen wir, dass Leopard bereits heftigst an die Türe pocht!
Die Developerversionen von 10.5 sind verteilt. Wer den Apple-Kalender kennt, weiß das das nächste große Event Anfang Januar mit der MacWorld San Fransisco einen Höhepunkt braucht. Und nichts zeichnet zuverlässiger das zufriedene Grinsen auf Steve Jobs Gesicht als die Phrase „And it’s available today!“. Wer es schafft die komplette Hardware Produktlinie von PPC zu Intel innerhalb von 210 Tagen (!) zu switchen, dem dürfte es vor einem Release von Leopard bis spätestens März 07 nicht bange sein. Mit etwas Ehrgeiz halte ich daher den Januartermin der MWSF für die 10.5 Veröffentlichung durchaus für realistisch.
Wer sich schon heute ein knappes Bild von Leopard als Client und von Leopard Server machen will, darf auf den Appleseiten einige sehr nett anzusehende Trailer bewundern. Für die Clientversion wird sicherlich „Time Machine“ die Killeranwendung sein! Ein komplettes Versions- und Backupsystem, applikationsübergreifend auf Betriebssystemebene. So viele Buzzwords in einem so kurzen Satz. Lassen wir uns das mal kurz auf der Zunge zergehen: Egal welchen Stand meine Dokumente irgendwann einmal hatten, ich kann mit Apples „Zeitmaschine“ dorthin zurückkehren. Visitenkarte eines Kontakts im Adressbuch versehentlich gelöscht? Kein Problem. Gestern (oder letzte Woche, oder letzten Herbst) war sie ja noch da! Also einmal bitte die Fahrkarte zurück in die Zukunft. Der vorgestrige Briefentwurf an Herrn Müller-Lüdenscheid gefiel ihnen besser, Chef? Na, gut. Dann graben wir den aus, auch wenn wir das Dokument bis dahin schon dreimal verändert haben.
Der Preis für dieses Feature wurde nicht explizit ausgesprochen, aber er wird Speicherplatz heissen. Aus den möglichen 2 TB eines Mac Pro könnten mit Leopard sehr schnell notwendige 2 TB werden! Selbst dann, wenn nicht volle Stände gespeichert werden, sondern nur differentielle Sicherungen stattfinden, wo von auszugehen ist. Aperture und seine Versionsverwaltung von RAW-Bildern bekommt damit im Nachhinein einen ganz anderen Gout: vom eigenständigen Produkt zur technologischen Fingerübung!
Mit dem Leopard-Server wird ein lange gehegter Wunsch und eine massive Forderung der Benutzer erfreuliche Wirklichkeit: iCal bekommt einen eigenen Server, der Groupwarefunktionen wie gemeinsame Terminfindung, wechselseitige Vertretung und Terminpflege etc. etc. beinhaltet. Auch das aufgebohrte Mail aus dem OS X Client wird den Arbeitsfluß durch Notizverwaltung und ToDos erheblich beeinflussen und vereinfachen. Endlich wird auch eine Spotlightsuche auf dem Server ohne Extraverrenkungen möglich sein. Die neuen Funktionen des iChat-Servers dagegegen werden ebenso untergehen wie der aktuelle iChat-Server als Ganzes; der vorkonfigurierte Wiki-Server wird im Arbeitsgruppenkontext die gleiche Rolle spielen wie schon heute die vorkonfigurierten Blogs. So gut wie keine! Auch wenn Apple uns etwas anderes nahelegen will.
Wie auch an Weihnachten gingen nicht alle Wünsche in Erfüllung. So hoch man den iCal-Server loben muß, so sehr muß man beklagen, dass damit nur ein halber Workgroupserver entstanden ist. Nach wie vor ungeklärt ist die Situation bei Adressbeständen! Die Feldspezifikationen von Apples Address Book passen auch unter Leopard nach wie vor nicht die Bohne zum LDAP inetOrgPerson-Schema. Zumindest nicht nach der gestrigen Präsentation, die mit Blick auf Redmond jedoch bewußt als unvollständig apostrophiert wurde. So gesehen bleibt noch Luft für zusätzliche Features und ein gutes halbes Jahr zur Nachbesserung! Laßt sie uns in Cupertino einfordern!
Kaum geschrieben, schon braucht’s ein Update!
Nachdem jüngst OpenDarwin – Plattform für den OpenSource-Zweig der Apple Entwicklungen – in die ewigen Jagdgründ ging, hat Apple heute mit MacOSForge einen Nachfolger der Plattform vorgestellt. Darauf zu finden u.a. auch der Sourcecode des iCal-Servers namens „Collaboration“. Interessant der Eintrag im Wiki: dort werden Anleitungen für die Konfiguration diverser Clients gegeben. U.a. für die Leopardversion von iCal, aber auch für ein gänzlich neues Produkt namens „Apple Teams“. Nachtigall ick hör´ Dir trapsen … hoffentlich.
Ansonsten finden sich in Leopard wieder sehr viele Dinge, die schon heute unter Tiger über AppleScript oder mit Hilfe von 3rd-Party Software möglich sind. Der ein oder andere Sharewareprogrammierer wird sich dank Leopard ein neues Betätigungsfeld suchen müssen.